Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Jagd ab. Trotzdem schießen die Jäger immer mehr Tiere. In seinem Buch »Von der Jagd und den Jägern« stellt der Biologe Dr. Karl-Heinz Loske den Mythen der Jäger ökologische Tatsachen gegenüber. Sie belegen, dass die Hobbyjagd keine ökologische Berechtigung hat. Jäger wollen töten, obwohl sie es nicht müssen. Warum? Jäger haben ihre innere Verbindung zur Natur verloren und sind auf der Suche nach sich selbst. Für den Autor ist die blutige Hobbyjagd eine pseudolustgesteuerte, kulturell konditionierte, seelische Krankheit, die sich aus der Überbetonung des Männlichen speist und das Tier zur Sache degradiert. Ausführlich werden die Motivationen der Jäger beleuchtet.
Buchbesprechung von Kurt Eicher
Seit Jahren gibt es zunehmend Bücher, die sich kritisch mit der Jagd auseinandersetzen. Dies war dem promovierten Biologen Karl-Heinz Loske beim Verfassen dieses Werkes durchaus bewusst. Trotzdem oder gerade deshalb war es ihm ein Anliegen, seine Sicht der Dinge in Buchform zu veröffentlichen. Hintergrund war sicher auch, dass die Grünröcke dem nicht jagenden Teil der Bevölkerung bei jeder kritischen Äußerung immer wieder vorwerfen, dass sie doch deshalb nichts von der Materie verstehen könnten, da sie selbst noch nie zur Jagd gegangen wären. Diesem Vorwurf setzt sich der Autor nicht aus, da er, als ehemaliger Jäger eine authentische und erlebte Innensicht der Jagd und eine damit verbundene Entwicklung durchlaufen hat, die ihn zur Feder greifen ließen. Dieser nicht zu unterschätzende Umstand trägt zum Spannungsbogen dieses Buches wesentlich bei.
Dem Autor geht es nicht nur um die Schilderung von Jagderlebnissen mit Grünröcken, »bei denen der Verstand ausgeblendet ist«, sondern auch um die Tatsache, dass jagende Menschen mit fast unendlich variantenreichen Begründungen Tiere töten wollen und können. Den von Kritikern eingebrachten wissenschaftlichen Gegenargumenten werden meist immer neue »Schutzargumente« von der Jägerschaft entgegengestellt, die aber für den Autor keine tragenden Säulen für den in der Natur agierenden Jäger darstellen. Aus diesem Grund geht es Dr. Loske nicht nur um den IQ und die daraus ableitbare wissenschaftliche Logik für ein Jagd-Ende, sondern er will in diese Diskussion bewusst den EQ, d. h. den emotionalen Quotienten und die daraus herzuleitende Ebene der Gefühle, Werte von Moral und Ethik stärker als bisher mit einbringen. Nach seiner Ansicht bringt nur die Synthese aus Herz und Verstand eine tragfähige Lösung in der Jagdproblematik. Bewusst darauf bedacht interessierte, am eigenen Handeln zweifelnde Jäger/innen anzusprechen, wird dargestellt, wie ein Weg aus dem jagdimmanenten, individuellen und persönlich verschlungenen Dilemma herausführen kann.
Die klare Gliederung in seinem Buch ist für einen Naturwissenschaftler typisch und deckt nicht nur die biologischen und ökologischen Lügen der Jäger auf, sondern beleuchtet detailliert die stabilisierenden gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, geschlechtsspezifischen und kirchlichen Stützen des (deutschen) Jagdsystems. Loske stellt klar: »Jagd ist also kein Ausdruck von Selbsterfahrung, Kreativität oder produktiver Charakterorientierung. Der Versuch der Selbstfindung mit der Waffe oder Falle ist destruktiv und hat den einen großen Nachteil: Es fließt Blut und fühlende Wesen müssen leiden.«
Es versteht sich fast von selbst, dass der Ökologe Loske die naturwissenschaftlichen, populationsdynamischen und umweltbezogenen Jagdbegründungen der Grünröcke platzen lässt wie Luftballons, doch dabei belässt er es nicht, er geht auf die historische und evolutionsbedingte Entwicklung des Menschen ein und zeigt, wie es bei der Jagd zur Ausblendung überlieferter Wertesysteme kommt und gekommen ist, bzw. wie die Jagd »als Ersatzdroge für seelische Mängel und eigene innere Leere fungiert«. Er versucht Jägerinnen und Jägern, die in diesem »lodengrünen System« gefangen sind, zu zeigen, wie das ethisch moralisch integere und zwangfreie Ufer des 21. Jahrhundert zu erreichen ist, ohne dabei andere zu schädigen. Dieses Buch ist nicht nur für wirkliche Natur- und Tierschützer ein »Muss«, sondern bietet noch jagenden Menschen auch die Möglichkeit zur Selbsthilfe über Herz und Verstand.
Dr. Karl-Heinz Loske ist seit 21 Jahren Inhaber des Büros Landschaft und Wasser und arbeitet als unabhängiger, vereidigter Umweltsachverständiger. In seinen Publikationen befasst er sich vor allem mit den Themen Umweltverträglichkeit, Landschaftsökologie und Artenschutz.
Dr. Karl-Heinz Loske:
Von der Jagd und den Jägern
Edition Octopus, 328 S., Euro 16,80
ISBN: 978-3-86582-372-4
Österreichische Grundstückseigentümer klaren vor EGMR
Polen: Immer mehr jagdfreie Grundstücke
Universität Wien: Eigentumsfreiheit und Tierschutz versus Jagd? Die Debatte um Jagdfreistellungen aus ethischen Gründen
Ein Jagdverbot ist nicht rechtens
Flächendeckende Jagd verfassungskonform
Waldbesitzer wollen Jagdverbot
VGT kämpft mit NÖ Grundbesitzern gegen Jagdzwang
Streit um Jagdfreistellungen in NÖ nun beim VfGH
Jagdfreistellung lässt auf sich warten
Österreicher vor Europäischen Gerichtshof
"Jäger schießen unerlaubt in meinem Wald"
Jagd gegen Willen von Waldbesitzer erlaubt
WTV: VfGH knallt Rechte von Waldeigentümern ab
VfGH erteilt Anti-Jagd-Aktivisten klare Absage
Mit Beschwerde gegen Jagdzwang abgeblitzt
Ö1: Jagd-Verbot - Kärntner Klage macht Schule
"Keine Jagd auf meinem Grundstück": Höchstrichter entscheiden - ähnliche Fälle im Innviertel